Natur, Sprachen, Kulturen – der Amazonas ist reich, aber bedroht

Huai Kai Nite bedeutet „guten Tag und herzlich willkommen“ auf Apurinã. Das ist eine der über 180 Sprachen, die von „Amazonas-Indianern“, den indigenen Gruppen in der Region gesprochen werden. Der Amazonas ist der größte Fluss der Erde, er ist Lebensader für Pflanzen, Tiere und Menschen. Rund 240 Indianervölker leben im Amazonasgebiet, viele in entlegenen „Aldeias“, kleinen Dörfern mit meist 20 bis 30 Familien.
Leben mit dem Wasser
Typisch sind Rundbauten, „Malocas“, die als Versammlungsräume und Schulen dienen. Die Wohnhäuser werden auf Pfählen gebaut oder als Hausboote, die sich dem wechselnden Wasserstand auf den Flüssen anpassen. Als Fortbewegungsmittel dienen Kanus. Die Straßen der Amazonasregion sind die unzähligen Flüsse und Seen. Während der Zeit des Hochwassers bilden sich neue Flusswege. In der Trockenzeit sind viele Gemeinden isoliert, weil sie auf dem Wasserweg nicht mehr erreichbar sind und die Landwege oftmals unzugänglich sind.
Mutter Erde
Die indigenen Völker verstehen die Erde als Mutter, mit der sie Respekt und Liebe verbindet, und nicht als etwas, das man bedenkenlos ausbeuten darf. Die Abholzung des Waldes, die Abwässer der Fabriken, die neuen Straßen, die Wasserkraftwerke bedrohen immer stärker die Existenz ganzer Dorfgemeinschaften. Die Indianervölker flüchten deshalb immer weiter in den Regenwald. Wenn sie versuchen, in Städten Fuß zu fassen, werden sie oft abfällig als „Indios“ beschimpft. Für die Jugendlichen ist es dadurch schwierig, stolz auf ihre Herkunft zu sein, ihre Traditionen und ihre Sprache zu bewahren und gleichzeitig all das zu lernen, was sie für ein Überleben in der Zukunft brauchen.
Unterstützung für kleine Schulen
Hier setzt ein großes Projekt des lateinamerikanischen Schulwerkes „Fe y Alegría“ der Jesuiten an. Fe y Alegría ist Spanisch und heißt übersetzt: Glaube und Fröhlichkeit. Unter diesem Motto gibt es in der Amazonas-Region in Brasilien, Peru, Bolivien, Ecuador und Venezuela viele kleine Schulen in den Dörfern. Sie haben sich jetzt zu einem Netzwerk zusammengeschlossen und wollen gemeinsam zwei Ziele erreichen: Bewahrung der indianischen Sprachen und Traditionen sowie die Stärkung des Umweltbewusstseins. Zum ersten Mal werden Unterrichtsmaterialien in den indianischen Sprachen hergestellt, der Unterricht findet zweisprachig statt und Fragen zu Natur, Umwelt, Traditionen kommen sind in verschiedene Fächer integriert. Die Lehrerinnen und Lehrer werden entsprechend geschult. Die Kinder und Jugendlichen setzen sich im Unterricht mit der Lebensweise ihrer Vorfahren auseinander und gewinnen an Selbstbewusstsein.
Wurzeln für die Zukunft
Sie lernen beides: Dass ihre Wurzeln wichtig sind, dass ihre Verbindung zur Natur wertvoll ist und dass an ihnen ist, zu entscheiden, ob sie als Erwachsene in den Dörfern bleiben wollen oder in die Stadt ziehen möchten, um dort eine Arbeit zu finden. Durch die Schulbildung stehen ihnen beide Möglichkeiten offen, und von Beschimpfungen lassen sie sich nicht mehr so schnell beeindrucken.