– JRS Uganda

Alltag mit 1,4 Millionen Flüchtlingen

Seit drei Jahren arbeitet Christina Zetlmeisl für den Flücht­lings­dienst der Jesuiten (JRS) in Uganda. Der Alltag stellt die JRS-Teams, vor allem in Zeiten der Corona-Pandemie und des Lockdowns, vor große Herausforderungen: „Unsere Möglichkeiten sind begrenzt und wir können nur einzelne Lücken füllen, obwohl es so viel mehr zu tun gäbe.“

Uganda, von Winston Churchill als Perle Afrikas bezeichnet, beherbergt aktuell mehr als 1,4 Millionen Flüchtlinge – so viele wie kein anderes afrikanisches Land. Die politische Lage in den angrenzenden Ländern ist sehr instabil. Und aufgrund der liberalen Flüchtlingspolitik Ugandas steigt die Zahl der Flüchtlinge täglich. Deren Bedürfnisse sind überwältigend, die Unter­stützung nur bedingt möglich. Dies stellt alle Akteure – Regierung, Kirche, Hilfsorganisationen und die Bevölkerung – vor große Herausforderungen.

Eine der internationalen Organisationen ist der Flücht­lings­dienst der Jesuiten (JRS). Seine Arbeit steht unter dem Motto „Begleiten, Dienen, sich Einsetzen“.

Unter­stützung von Neuankömmlingen

In Kampala gilt die Arbeit den „urban refugees“ – Flüchtlingen, die hier in der Stadt Zuflucht suchen. Die Menschen kommen vorrangig aus dem Kongo und dem Südsudan, aber auch aus Burundi, Ruanda, Somalia, Eritrea und Äthiopien. Die Hilfe wird nach bestimmten Kriterien vergeben, denn das Budget ist begrenzt. Bevorzugt werden Flüchtlinge behandelt, die erst seit Kurzem in Uganda sind, vor allem schwangere Frauen, Mütter und Kinder, Ältere und behinderte Menschen.

Flucht vor Gefangenschaft und Folter

Bahati Peter (Name zu seinem Schutz geändert) lebt seit 2009 in Uganda, seit 2013 zusammen mit seiner Frau und sechs Kindern im Alter von 6 bis 15 Jahren. Im Kongo wurde er von staatlichen Sicherheitsbeamten verfolgt, weil er sich für Menschen­rechte eingesetzt hat. Er wurde überfallen, gefangen genommen und gefoltert. Nur mit Hilfe eines Soldaten, der ihn aus der Schulzeit kannte, konnte er fliehen. Durch Zufall hat er 2013 seine Frau und Kinder in einer Kirche in Kampala wieder getroffen. „Der JRS hat mir bei meiner Ankunft in Kampala sehr geholfen. Durch die Folterungen und Wunden war ich auf medizinische Hilfe angewiesen. Meine Frau konnte 2014 Englisch lernen und 2016 die Schneiderausbildung machen. Ich war in der Lage, ihr eine Nähmaschine zu kaufen. Das hat uns geholfen, unseren Lebensunterhalt zu finanzieren. Unsere Kinder werden mit der Schulausbildung unterstützt. Dies gibt mir Hoffnung, weil Bildung sehr wichtig ist“, sagt er.

Hilfe jeglicher Art

Es gibt vier verschiedene Programme, um dem Hilfebedarf der Flüchtlinge gerecht zu werden. Grundbedürfnisse werden mit Essencoupons für Reis, Milch und Bohnen, medizinischer Versorgung und Unter­stützung für die Miete und Sachen wie Decken, Moskitonetze und Hygieneartikel gedeckt. Außerdem werden ps chologische Betreuung und Bildungsprogramme mit Kindergartenklassen, Englisch- und Computerunterricht und Stipendien für Grund-, Sekundarstufe und Universitätsstudium angeboten. Im Bereich Berufsausbildung findet Unterricht in Mode, Catering, Kunst- und Friseurhandwerk, Computer- Netzwerke und Elektronik statt.

Rückkehr des JRS nach Adjumani

Die Arbeit des JRS in Adjumani, einer Stadt mit ca. 230.000 Einwohnern und 214.500 registrierten Flüchtlingen an der Grenze zum Südsudan, hat eine lange Geschichte. Von 1993 bis 2008 war der JRS hier vor allem im Bildungs- und pastoralen Bereich tätig. Vor etwa 12 Jahren konnten die Flüchtlinge wieder in den Sudan zurück­kehren, die Projekte wurden abgeschlossen.

Nach der Un­ab­hängig­keit des Südsudan im Jahr 2011 hofften die Menschen auf eine bessere Zeit, vergeblich. Keine zwei Jahre später brach erneut Krieg aus und viele Menschen mussten erneut ihre Heimatverlassen. Im März 2017 ist der JRS wieder nach Adjumani zurück­gekehrt – für viele ein Segen. Aktuell werden 390 Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe mit Stipendien unterstützt, die Schulgebühren,Uniform und Gebühren für das Internat beinhalten.

Armut, Konflikte und alte Traditionen

Der Alltag der Menschen birgt viele Probleme. Sie leben in Lehmhütten ohne fließendes Wasser und Strom und haben kein gesichertes Einkommen. Die Schulgebühren können sich viele nicht leisten. Besonders Mädchen sind benachteiligt. Die Tradition sieht nicht vor, dass sie in die Schule gehen. Sie werden sehr früh verheiratet und müssen sich um Haushalt und Mann kümmern. Viele Mädchen werden leider auch sehr früh schwanger.

Auch die Probleme an den Schulen sind vielzählig: Die Unterrichtsgebäude sind alt und renovierungsbedürftig. Es fehlt an Unterrichtsmaterial und Gehältern für die Lehrer. Auseinandersetzungen zwischen Flüchtlingen, die unterschiedlichen Stämmen angehören, aber auch zwischen Flüchtlingen und Einheimischen, wo es um Landverteilung und Zugang zu Ressourcen wie Wasser geht, sind Teil der Probleme. Neue Workshops zum Thema Friedensbildung und Konfliktbewältigung in den Schulen versuchen, zusammen mit den Jugendlichen an diesem komplexen Thema der Versöhnung zu arbeiten.

Schwere Schicksale

Docus Kabuyaya ist eine alleinerziehende Mutter aus Goma in der Demokratischen Republik Kongo. Ihre Mutter wurde 2013 von den Rebellen getötet, ihr Vater und ihr Ehemann wurden entführt. Bis heute weiß sie nicht, ob beide noch leben. Der JRS hat ihr und ihrer Familie vielfach geholfen. Sie lernte Englisch und machte eine Schneiderausbildung. Der JRS zahlt die Schulgelder der Kinder und unterstützt die Familie während COVID-19 mit Essensgutscheinen. „Ohne die Unter­stützung durch den JRS wäre unser Leben sehr, sehr schwer“ sagt sie, „COVID-19 hat uns alle hart getroffen. Keine Arbeit, kein Einkommen. Ich bin dem JRS sehr dankbar.“

COVID-19 sprengt das Jahresbudget

Diese neue Situation stellt die Menschen in der Hauptstadt vor eine sehr große Herausforderung, weil die Mehrheit von der Hand in den Mund lebt. Im Mai hat der JRS 8.963 Menschen mit Essensgutscheinen versorgt, im Juni noch mehr. Dafür wurde das ganze geplante Jahresbudget aufgebraucht. Die Menschen hungern und wir müssen helfen, auch mit Medizin und psychosozialer Unter­stützung.

In Adjumani ist die Situation etwas anders, aber nicht weniger herausfordernd. An 12.000 Schülerinnen und Schüler wurden Lernmaterialien verteilt, damit sie zu Hause weiter lernen können. Ausgewählte Lehrkräfte übermitteln über das Radio Unterrichtseinheiten. Der JRS unterstützt dabei sowohl die Radiostation als auch das Lehrpersonal. Die Menschen sind hart getroffen. Die Notlage ist groß und wir wissen nicht, wie lange diese Ausnahmesituation anhalten wird. Unsere Möglichkeiten sind begrenzt und wir können nur einzelne Lücken füllen, obwohl es so viel mehr zu tun gäbe.

Christina Zetlmeisl

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